Letzte Woche war ich beim Sommerfest der Wirtschaft des Kurvenkreises Cochem-Zell. Ein Programmpunkt hat mich dabei besonders beeindruckt: der Jongleur Christoph Rummel. Atemberaubend, wie spielerisch leicht er die Bälle in der Luft hielt – und dabei gleichzeitig eine wichtige Botschaft vermittelte.
Er zeigte auf, wie wir als Selbstständige oder Unternehmer:innen tagtäglich versuchen, sämtliche Bälle in der Luft zu halten – ob es um operative Abläufe, Veränderungen im Unternehmen oder strategische Entscheidungen geht.
Am Ende des Abends musste ich an Christian Maier denken, bei dem ich 2009 im Rahmen der InnerGame-Ausbildung bereits das Jonglieren gelernt habe – und zwar mit Tüchern. Schon damals sorgte Christian bei mir für Klarheit und die Erkenntnis: Jonglieren zu lernen ist weit mehr als nur eine motorische Übung. Es ist eine wunderbare Gelegenheit, den eigenen Umgang mit Herausforderungen besser kennenzulernen – und sich selbst dabei auf die Schliche zu kommen.
Grund genug, einmal genauer hinzuschauen: denn wir Selbstständige jonglieren tagtäglich – nur eben nicht mit Bällen, sondern mit To-dos, Entscheidungen und Erwartungen.
Was hat Jonglieren mit Selbstständigkeit zu tun?
Ziemlich viel – wenn man genauer hinschaut. Denn Jonglieren bedeutet: Mehrere Dinge gleichzeitig im Blick behalten, im richtigen Moment loslassen, in einem guten Rhythmus bleiben und vor allem: nicht den Überblick verlieren. Klingt vertraut?
Als Selbstständige jonglieren wir ständig – nur eben nicht mit Bällen, Keulen oder Ringen, sondern mit Kundenanfragen, Abrechnungen, Teamthemen, Terminen, Marketingmaßnahmen, familiären Verpflichtungen … die Liste ist lang. Und jeden Tag fliegen diese „Bälle“ in neuer Reihenfolge auf uns zu.
Das Spannende daran: Beim Jonglieren lernt man schnell, dass es nicht um Perfektion geht. Sondern um Aufmerksamkeit, Fokus, Timing – und darum, nicht zu viele Bälle auf einmal ins Spiel zu bringen. Genau wie im Business.
Denn auch hier gilt:
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Wer zu viele Aufgaben gleichzeitig hochwirft, verliert schnell die Kontrolle.
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Wer sich nicht auf das Wesentliche konzentriert, lässt wichtige Dinge fallen.
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Und wer glaubt, alles allein jonglieren zu müssen, stößt irgendwann an seine Grenzen.
Gutes Jonglieren – ob auf der Bühne oder im Alltag – braucht Übung, Struktur und manchmal auch den Mut, einen Ball erstmal wegzulegen. Oder bewusst an jemanden weiterzugeben.
Fragt man Selbstständige allerdings, ob sie überhaupt jonglieren können, erntet man meist ungläubiges Kopfschütteln.
In der Tat: Die meisten müssen täglich jonglieren – obwohl sie es nie gelernt haben.
Die (meist) unsichtbaren Business-Bälle
Wer einem Jongleur zusieht, erkennt sofort: Da sind drei, vier oder sogar fünf Bälle in der Luft – und wir wissen genau, was passiert, wenn einer herunterfällt. Im Unternehmer:innen-Alltag dagegen sind die Bälle oft unsichtbar – und gerade das macht es so unvorhersehbar und oftmals auch unkontrollierbar.
Denn was genau jonglieren Selbstständige eigentlich?
Kund:innen und Aufträge – mit der Herausforderung, zuverlässig zu liefern und trotzdem genügend Puffer für neue Anfragen zu behalten.
Buchhaltung und Finanzen – Rechnungen schreiben, Zahlungen kontrollieren, Steuern vorbereiten, Investitionen überdenken.
Marketing und Sichtbarkeit – regelmäßig posten, Website aktuell halten, vielleicht sogar neue Kanäle testen.
Organisation und Prozesse – interne Abläufe strukturieren, Arbeitszeit sinnvoll nutzen, Chaos vermeiden.
Mitarbeiter:innen (oder externe Partner:innen – falls vorhanden): Führen, Feedback geben, motivieren, kommunizieren.
Strategie und Weiterentwicklung – die berühmte „Arbeit am Unternehmen“, die leider oft als erste hinten herunterfällt.
Und nicht zu vergessen: das Private, das bei Selbstständigen oft untrennbar mit dem Geschäft verbunden ist.
Jeder dieser Bälle hat sein eigenes Gewicht, seine eigene Dynamik – und alle gleichzeitig in der Luft zu halten, fordert enorm viel Energie.
Das Tückische: Viele dieser Aufgaben sieht man gar nicht von außen. Deine Kund:innen sehen das Endergebnis, nicht den Prozess. Deine Familie sieht vielleicht die freie Zeiteinteilung, nicht den Druck dahinter. Und Du als Selbstständige:r selbst? Du merkst oft erst, dass ein Ball fehlt, wenn er laut krachend auf dem Boden landet.
Und genau deshalb ist es so wichtig, sich bewusst zu machen:
- Welche Bälle habe ich eigentlich gerade in der Luft?
- Welche davon sind wichtig – und welche vielleicht nur laut?
- Und welche jongliere ich nur, weil ich denke, ich „muss“?


Was wir vom Jonglieren lernen können
Wer anderen beim Jonglieren zuschaut, sieht meist nur die scheinbare Leichtigkeit – das mühelose Spiel mit den Bällen. Was dabei oft übersehen wird: Diese Leichtigkeit ist das Ergebnis eines Lernprozesses. Und genau darin steckt eine wertvolle Lektion für uns als Selbstständige und Unternehmer:innen.
Denn: Jonglieren kann man nur lernen, indem man es tut.
Theorie allein reicht nicht. Es geht ums Ausprobieren, ums Scheitern, ums Dranbleiben. Genauso wie im unternehmerischen Alltag.
Konzentration auf das Wesentliche
Beim Jonglieren gibt es einen Moment, in dem nichts anderes zählt als der nächste Wurf. Wer jongliert, muss präsent sein. Multitasking funktioniert nicht – Aufmerksamkeit ist der Schlüssel.
Eine wichtige Fähigkeit im Business-Alltag: Die Kunst, ganz im Hier und Jetzt zu sein. Nicht fünf Schritte vorausdenken, nicht ständig zurückschauen – sondern jetzt präsent handeln.
Loslassen als Voraussetzung für Bewegung
Kein Jongliertrick funktioniert, wenn man krampfhaft festhält.
Bewegung entsteht nur durch das bewusste Loslassen. Das gilt für Bälle genauso wie für Entscheidungen, To-dos oder überholte Prozesse.
Manchmal halten wir an Dingen fest, weil wir glauben, ohne sie nicht „funktionieren“ zu können – dabei wird genau das zur Belastung. Jonglieren zeigt: Nur wer loslässt, kann wieder neu fangen.
Übung macht gelassener – nicht perfekt
Jonglieren lernt man durch Wiederholung. Es braucht Geduld – und die Bereitschaft, dass Fehler dazugehören.
Niemand jongliert beim ersten Mal perfekt.
Aber jede Wiederholung bringt mehr Sicherheit, mehr Gefühl für Rhythmus, mehr Vertrauen.
Genau das hilft auch im unternehmerischen Alltag: Wir dürfen lernen, statt sofort „perfekt“ sein zu müssen.
Jede:r hat einen eigenen Rhythmus
Beim Jonglieren gibt es nicht den einen richtigen Takt. Manche brauchen mehr Ruhe, andere mögen Tempo. Entscheidend ist, den eigenen Rhythmus zu finden – und nicht den der anderen kopieren zu wollen.
Im Businessleben passiert oft das Gegenteil: Wir orientieren uns an äußeren Maßstäben, versuchen mitzuhalten – und verlieren dabei unser eigenes Tempo.
Das Jonglieren erinnert uns: Der Rhythmus, der zu Dir passt, ist der richtige.
Jonglieren ist mehr als eine Geschicklichkeitsübung.
Es ist eine Einladung, bewusster mit sich und der eigenen Arbeit umzugehen: konzentrierter, gelassener, rhythmischer – und mit der Bereitschaft, immer wieder loszulassen, neu zu beginnen und Vertrauen aufzubauen.
Was passiert, wenn es zu viele Bälle werden?
Jonglieren heißt: die Dinge selbst in der Hand zu haben und zu entscheiden, wann man loslässt und wann man festhält.
Das gilt für jede Form des Jonglieren – nicht nur mit Bällen. Wer wirklich jonglieren kann, ist in der Lage, flexibel auf Veränderungen zu reagieren und dabei ein System in Bewegung stabil zu halten.
Doch was passiert, wenn die Zahl der Bälle steigt – und steigt – und steigt? Wenn zu viele Bälle im Spiel sind – und die Dynamik kippt.
Dann geraten wir unter Druck, verlieren den Rhythmus, reagieren statt zu agieren. Und: Jeder Mensch jongliert – und reagiert auf Überforderung – auf seine ganz eigene Weise.
In Persönlichkeitsanalysen lässt sich beobachten, wie unterschiedlich Menschen mit Stressmomenten umgehen. Hier einige typische Reaktionsmuster – sowohl beim Jonglieren als auch im unternehmerischen Alltag:
Typ Aktionismus (Ich fühle mich gestresst)
Menschen, die aktionistisch reagieren, werfen ihre „Bälle“ schnell und unkontrolliert in die Luft.
Noch bevor der erste Ball sicher gelandet ist, ist der nächste schon unterwegs. Es entsteht ein Wirbel aus Aktivitäten – aber keine davon führt wirklich zum Ziel.
Typisches Verhalten: Schnell anfangen, alles gleichzeitig machen, nichts zu Ende bringen.
Ergebnis: Operative Hektik ohne Wirkung – man ist erschöpft, aber nicht zufrieden.
Typ Festhalten (Ich kann/will nicht loslassen)
Bei Menschen, die sich schwertun, loszulassen, entsteht in Momenten großer Komplexität der Drang, alles unter Kontrolle zu behalten. Bälle (Aufgaben, Entscheidungen, Verantwortungen) werden festgehalten – statt losgelassen. Je mehr dazukommt, desto größer wird der Druck.
Typisches Verhalten: Keine Aufgaben abgeben, keinen Fehler riskieren, alles im Griff behalten wollen.
Ergebnis: Innere Starre, Überlastung, körperliche Anspannung – oft kombiniert mit einem Gefühl von Stillstand.
Typ Rückzug (Ich bekomme keine Luft)
Wenn alles zu viel wird, fahren manche Menschen innerlich runter. Die Bewegung reduziert sich, der Atem wird flach, der Blick eng. Herausforderungen werden nicht mehr angegangen, sondern eher „weggedrückt“.
Typisches Verhalten: Rückzug, Grübeln, körperliche Signale wie Kopfschmerzen oder Müdigkeit.
Ergebnis: Stillstand, Isolation – und das Gefühl, irgendwie den Anschluss zu verlieren.
Typ Ungeduld (Das geht mir zu langsam)
Lern- oder Experimentierphasen? Unerwünscht. Alles soll sofort funktionieren – am besten fehlerfrei. Zeit für Entwicklung wird als Luxus gesehen.
Typisches Verhalten: Reagiert gereizt bei Rückschlägen, setzt sich und andere unter Druck, erwartet schnelle Ergebnisse.
Ergebnis: Frustration, Demotivation, ständiger Vergleich mit einem Idealbild, das kaum erreichbar ist.
Diese Muster sind ganz normale Reaktionsweisen – sie schützen uns kurzfristig. Aber sie helfen selten auf Dauer.
Wir alle jonglieren, wie wir leben. Und genau deshalb lohnt es sich, einen Moment innezuhalten und hinzuschauen:
- Wie jongliere ich eigentlich?
- Welche Strategie habe ich mir angewöhnt – und tut sie mir noch gut?
Reflexionsimpuls:
Erkennst Du Dich in einem dieser Muster wieder?
Welche Reaktion zeigt sich bei Dir, wenn es zu viel wird – und welche neue Haltung möchtest Du vielleicht ausprobieren?
Die Kunst des Loslassens – und warum sie (fast) alles verändert
Jonglieren ist nicht nur eine Frage des Haltens – sondern auch des gezielten Loslassens.
Jeder Wurf bedeutet: Ich lasse den Ball los, vertraue auf die Bewegung – und habe die Hände frei für den nächsten.
Im Business bedeutet das:
- Delegieren lernen – auch, wenn es (noch) nicht perfekt ist.
- Aufgaben abgeben, um Raum für Strategie, Führung und Entwicklung zu schaffen.
- Aufhören, alles allein kontrollieren zu wollen.
- Mut zur Lücke: Nicht alles muss gleichzeitig passieren.
Mentale Ebene:
Loslassen von Glaubenssätzen wie „Ich muss das allein schaffen“ oder „Nur wenn ich alles mache, läuft es richtig“.
Akzeptieren, dass nicht jeder Ball immer in der Luft sein muss.
Konkrete Impulse:
Welcher Ball gehört vielleicht gar nicht (mehr) zu dir?
Was hältst du fest – und warum?
Welche Aufgabe könntest du testweise für 14 Tage abgeben oder automatisieren?
Richtiges Loslassen ist keine Schwäche – sondern eine unternehmerische Stärke.
Fazit: Die Kunst des Jonglierens – im Business wie im Leben
Selbstständigkeit bedeutet, viele Bälle gleichzeitig in der Luft zu halten – Tag für Tag. Doch es geht nicht darum, perfekt zu jonglieren, sondern bewusst, fokussiert und im eigenen Rhythmus zu handeln. Wer erkennt, welche Bälle wirklich wichtig sind, wann es Zeit ist loszulassen und wo Unterstützung hilfreich sein kann, schafft sich mehr Leichtigkeit, Klarheit und Gelassenheit im unternehmerischen Alltag.
Jonglieren ist damit nicht nur eine schöne Metapher – sondern eine Einladung zur Reflexion:
Wie willst Du in Zukunft mit den vielen Bällen umgehen, die Dein Business Dir täglich zuspielt?

Du jonglierst gerade zu viel – und nichts landet richtig?
In einem kostenfreien Klarheitsgespräch schauen wir gemeinsam auf Deine aktuelle Situation und sortieren Deine Themen. Ganz ohne Druck – aber mit viel Struktur.
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