Oder: Was der „Kunde ist König“-Service Dich wirklich kostet
„Hä, was sind denn Abwicklungskosten?“
Das ist oft die erste Reaktion, die ich von meinen Kund:innen erhalten – und vielleicht auch Deine.
Du kannst sie auch ganz pragmatisch „Der-Kunde-ist-König“-Kosten nennen. Es geht um all die Zeiten und Leistungen, die rund um einen Auftrag anfallen – ohne dass sie direkt bezahlt werden. Diese versteckten Kosten sind echte Rentabilitätskiller!
Was genau sind Abwicklungskosten?
Abwicklungskosten sind sämtliche zeitlichen und organisatorischen Aufwände, die vor, während und nach einem Auftrag anfallen, aber nicht in Rechnung gestellt werden – obwohl sie wertvolle Arbeitszeit fressen.
Typische Beispiele:
- Telefongespräche mit Interessenten
- Vor-Ort-Besichtigungen
- Individuelle Angebotskalkulationen
- Rückfragen, Abstimmungen, Nachfassaktionen
- Nachbetreuung nach Rechnungsstellung
Diese Leistungen sind echte Arbeit – und damit auch Kosten! Sie werden aber oft als „Service“ verschenkt.
Unterschied zu anderen Kostenarten
Um die Abwicklungskosten richtig einordnen zu können, hilft eine kurze Abgrenzung:
Kostenart | Beispiele |
---|---|
Direkte Kosten | Material, Einkauf, externer Zukauf |
Indirekte Kosten | Miete, Versicherungen, Abschreibungen |
Abwicklungskosten | Telefonate, Beratung, Angebot, Nachfragen, Service |
Nur wenn Du alle drei Kostenarten im Blick hast, kannst Du wirklich rentabel kalkulieren.
Wenn Du Dich intensiver mit Deiner Kostenkalkulation beschäftigen möchtest, empfehle ich Dir meinen Blog-Beitrag: Was beinhaltet eine vollständige und effektive Stundenkalkulation?
Ein Praxisbeispiel: Handwerkerauftrag
Leistungsschritt | Zeitaufwand |
---|---|
Erstkontakt: Telefonat mit dem Interessenten | 10 Minuten |
Vor-Ort-Termin zur Bedarfsermittlung | 45 Minuten |
Erstellung eines Angebots | 15 Minuten |
Nachfassen wegen Rückmeldung | 5 Minuten |
Rückfragen zum Angebot | 10 Minuten |
Rückfragen zur Rechnung | 10 Minuten |
Gesamter Zusatzaufwand | 95 Minuten |
95 Minuten x 60,00 € Stundensatz = 95,00 € Abwicklungskosten (netto)
Wenn Du nun denkst: „Ist doch normal, gehört halt dazu!“ – dann wird’s Zeit für einen Perspektivwechsel:
Was wäre, wenn Du bei jedem Auftrag fast 100 € verschenkst – und das mehrfach pro Woche? Dann arbeitest Du hart, aber nicht wirtschaftlich.
Warum viele Selbstständige diese Zeit verschenken
Viele Selbstständige erkennen die Abwicklungskosten gar nicht als solche – oder haben Hemmungen, sie zu berechnen:
-
„Das ist halt Kundenservice“
-
„Wenn ich das berechne, verliere ich Kund:innen“
-
„Das war ja nur ein kurzes Gespräch…“
Doch genau diese Denkweise sorgt dafür, dass Du unter Deinen Möglichkeiten arbeitest – und Dein Gewinn schrumpft, obwohl Du gut gebucht bist.
Weitere Beispiele aus anderen Branchen
Damit Du siehst, dass dieses Thema branchenübergreifend relevant ist, hier einige typische Abwicklungskosten aus verschiedenen Bereichen:
Kosmetik & Wellness, Therapie, Friseur
-
Beratungsgespräch am Telefon (10–15 Minuten)
-
Produktempfehlung per WhatsApp
-
Terminabsprache
- Terminverschiebungen, kurzfristige Absagen oder Nichterscheinen (siehe auch Tipps zur Vermeidung unter Punkt 6)
-
Pflege-Tipps nach der Behandlung
Gastronomie / Catering
-
Menüabstimmungen mit Veranstalter
-
Sonderwünsche & Anpassungen
-
Nachfragen zur Anzahl der Gäste
-
Änderungen kurz vor dem Termin
-
Tischreservierungen ohne Erscheinen (mittlerweile werden hier auch Servicepauschalen eingesetzt → mehr dazu im nächsten Abschnitt)
Handwerk & Dienstleistung
-
Beratung zum passenden Produkt
-
Skizzen oder Vorplanungen
-
Terminvereinbarung mit Mieter oder Eigentümer
-
Rückfragen zur Rechnung
Coaching & Beratung
-
Kostenloses Vorgespräch (30 Minuten)
-
Angebotsabstimmung per E-Mail
-
Erinnerungen bei fehlender Rückmeldung
-
Feedback-Schleifen nach der Session
All das kostet Dich Zeit, Energie – und bares Geld.
So machst Du Deine Abwicklungskosten sichtbar und steuerbar
Also, was tun? Du benötigst Abrechnungsmodelle, die versteckte Kosten und Nebenleistungen berücksichtigen. Mit sehr genauen Aufzeichnungen ermittelst Du zukünftig realistische Stundensätze und Stundenvolumen, die für einen Auftrag anzusetzen sind.
Hier ein paar konkrete Schritte, wie Du das Thema endlich in den Griff bekommst:
✅ 1. Zeitaufwand erfassen
Führe 2–4 Wochen lang ein einfaches Zeiterfassungs-Tool oder eine Tabelle. Notiere:
-
Wer?
-
Welche Anfrage?
-
Wie lange?
-
Was war das Ergebnis?
Tipp: Nutze Tools wie Toggl, Clockify oder eine simple Excel-Liste.
✅ 2. Abwicklungskosten berechnen
Multipliziere die erfassten Minuten mit Deinem Netto-Stundensatz. So entsteht erstmals ein realistisches Bild Deiner wahren Auftragskosten.
✅ 3. Muster erkennen
-
Welche Leistungen kommen immer wieder?
-
Welche Kundentypen verursachen den meisten Aufwand?
-
Gibt es immer gleiche Fragen oder Probleme?
Erkenntnisse wie diese helfen Dir, Prozesse zu verbessern und gezielter zu steuern.
✅ 4. Angebote überarbeiten
Integriere Deine Service-Leistungen künftig gezielt ins Angebot – z. B. durch:
-
Pauschalen für Erstberatung
-
Service-Zuschläge bei hohem Abstimmungsaufwand
-
„Kalkulationszeit“ als eigene Position
Formulierungsidee: „Inklusive Projektvorbereitung, Abstimmungen und bis zu 2 Angebotsanpassungen.“
✅ 5. Prozesse standardisieren
-
Nutze Fragenkataloge im Erstkontakt
-
Entwickle Angebotsvorlagen
-
Erstelle automatisierte Antworten für häufige Fragen
-
Biete (bei Bedarf) bezahlte Beratungstermine an
✅ 6. Terminausfälle und No-Shows vermeiden
Gerade bei Kosmetiker:innen, Friseur:innen oder Therapeut:innen erlebe ich es immer wieder:
Manche Kund:innen sagen Termine kurzfristig ab oder erscheinen einfach nicht. Je früher ein Termin vereinbart wurde, desto eher wird er „vergessen“ oder „geschoben“. Das Problem: Während Du oder Deine Mitarbeiter:innen auf den Termin vorbereitet seid, steht plötzlich 45 oder 90 Minuten Arbeitszeit leer im Kalender. Diese Zeit wird nicht bezahlt – sie ist verloren.
Was Du tun kannst:
-
Erinnerungen versenden:
Schicke am Vortag eine kurze Terminerinnerung per Mail, SMS oder WhatsApp. Wichtig:
Vorher die Zustimmung der Kund:innen einholen, damit Du DSGVO-konform bleibst. -
Hinweis auf Deiner Website:
Informiere auf Deiner Homepage über Deine Terminorganisation – z. B. unter „FAQ“ oder „Service“. So wissen Neukund:innen von Anfang an, dass Du verbindliche Termine erwartest. -
Ausfallregelung formulieren:
Erwäge, eine Ausfallpauschale in Deine AGB oder Kundenvereinbarung aufzunehmen.
Beispiel: „Termine, die nicht mindestens 24 Stunden vorher abgesagt werden, müssen wir leider in Rechnung stellen.“ -
Verbindlichkeit erhöhen durch Vorauszahlung:
Manche Salons oder Restaurants verlangen mittlerweile eine Servicepauschale oder Anzahlung, die bei Einhaltung mit dem Auftrag verrechnet wird – und bei Nichterscheinen verfällt. -
Kundenverhalten analysieren:
Wenn bestimmte Kund:innen wiederholt ausfallen, kann es hilfreich sein, diese systematisch zu dokumentieren.
(z. B. Klasse A = zuverlässig, Klasse B = einmal ausgefallen, Klasse C = mehrfach ausgefallen)
→ Daraus kann sich langfristig ergeben, mit wem Du weiterarbeiten willst – und mit wem nicht.
Psychologischer Perspektivwechsel: Service ja – aber fair
Viele Selbstständige haben Sorge, Kund:innen mit neuen Preis- oder Abrechnungsmodellen vor den Kopf zu stoßen. Doch die Praxis zeigt etwas anderes:
Wer professionell und klar kommuniziert, wird nicht als „teuer“, sondern als kompetent und verlässlich wahrgenommen.
Ein Beispiel für eine selbstbewusste Kommunikation könnte sein:
„Ich kalkuliere so, dass Sie bei mir Qualität, Verlässlichkeit und Service erwarten können – ohne dass ich an anderer Stelle sparen muss.“
Damit zeigst Du Haltung. Du signalisierst: „Ich bin nicht der Bittsteller, sondern Ihr Partner auf Augenhöhe.“
Denn ob Handwerker:in, Gastronom:in oder Dienstleister:in – Du schaffst Werte. Du verfügst über Erfahrung, Wissen und Können. Das darf sich auch in Deinem Auftreten und in Deiner Preiskalkulation widerspiegeln.
Das altbekannte Bild vom „König Kunden“ ist in einer Zeit, in der Produkte und Dienstleistungen immer vielfältiger und schneller verfügbar sind, nicht mehr zeitgemäß. Heute geht es um etwas anderes: eine echte Geschäftsbeziehung – ein faires Geben und Nehmen.
Was das in der Praxis heißt:
- Transparenz in der Kommunikation
Erkläre offen, was Deine Leistung umfasst – und was nicht. - Gegenseitiger Respekt
Kundenbeziehungen funktionieren am besten, wenn sich beide Seiten ernst genommen fühlen. - Menschlichkeit zeigen
Ja, auch im Business darf es ehrlich, empathisch und klar zugehen.
Ein oft unterschätzter Punkt in diesem Zusammenhang: das Nein-Sagen.
Es ist kein Zeichen von Schwäche – im Gegenteil. Es zeigt Selbstbewusstsein und Souveränität. Und genau das schafft Vertrauen.
Partnerschaft als Ziel
Am Ende wollen wir alle das Gleiche: Erfolg im Geschäft und langfristig zufriedene Kund:innen.
Das gelingt nicht durch Unterwürfigkeit, sondern durch Respekt, Verbindlichkeit und eine klare Haltung.
„Auf Augenhöhe“ heißt nicht, dass Du Dich klein machst. Es heißt, Dich und Deine Arbeit ernst zu nehmen – und Deine Kund:innen genauso. Das ist der wahre Königsweg in der modernen Geschäftswelt.
Also: Keine Krone, kein Thron – aber ein fester Händedruck, ein ehrliches Lächeln und der Mut, Deine Werte zu vertreten.
Denn wer selbstbewusst und transparent erklärt, wofür Kund:innen bezahlen, wird genau von den richtigen Menschen gebucht.
Und wer nur ein Schnäppchen sucht, war nie Dein idealer Kunde.
Checkliste: Finde Deine Abwicklungskosten
Nutze diese Liste zur Selbstreflexion:
- Welche Service-Leistungen biete ich „gratis“ an?
- Wie viel Zeit nehme ich mir für Anfragen und Angebote?
- Welche Kunden verursachen überproportional Aufwand?
- Welche Aufgaben wiederholen sich immer wieder?
- Wo kann ich standardisieren oder pauschalisieren?
- Wie kommuniziere ich Service-Leistungen im Angebot?
Gewinne entstehen nicht im Tun, sondern im Denken
Abwicklungskosten sind unsichtbare Gewinnfresser – wenn Du sie nicht kennst und steuerst.
Aber sie sind auch eine große Chance: Mit ein wenig Analyse und kluger Angebotsgestaltung kannst Du Deine Rentabilität deutlich verbessern – ohne mehr zu arbeiten.
Der/die Kund:in darf weiterhin König:in bleiben – aber nicht auf Deine Kosten.

Was kostet Dich eigentlich ein Auftrag wirklich?
Ich unterstütze Dich gerne dabei, Zeitfresser zu erkennen, besser zu kalkulieren und Kundenbeziehungen auf Augenhöhe zu gestalten.
Du bist nur einen Klick von einem kostenfreien Erstgespräch entfernt 🙂
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